Veranstaltungen - Conferences - Part 12

posted by SHorváth on 2005/11/30 20:50

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Derzeit verbringe ich einige Tage in Budapest, um mich noch vor dem Kakanien-Workshop (der übrigens morgen startet) im Ungarischen Filmarchiv vertiefenden Recherchen zum Stummfilm zu widmen. Dieses Thema wird auch meine Prâsentation im Rahmen des Workshops aufgreifen, zu dem ich nun ein Abstract vorbereitet habe...

Die Sprache der Ausdrucksbewegungen bei Béla Balázs

In seinem ersten ausgereiften Werk zur Âsthetik des Kinos Der sichtbare Mensch legte Balázs im Jahre 1924 eine Fülle von paradigmatischen Elementen für die Filmkunst fest. Seine filmâsthetische Position und deren subtile Ausdifferenzierung kurbelten nicht nur die Progressivitât der Kunstphilosophie des Kinos enorm an, sie trugen darüber hinaus maßgeblich zur Begründung des Mediums als eigenstândige Kunstgattung bei. Deren besondere Beschaffenheit entdeckte der Âsthetiker primâr im Gebârden- und Mienenspiel sowie in der Physiognomie der Gestalten. Damit meinte er nicht nur das Gesicht, gekoppelt mit dem sich darin untentwegt verândernden mimischen Schauspiel, wie auch nicht nur den gesamten Körper eines Menschen. Seiner Theorie von einer festen Physiognomie maß er eine ebensolche Bedeutsamkeit bezüglich der Darstellungen von Massenszenen bei, wie auch bezüglich den Dingen, die den Menschen umgeben, womit er den Physiognomiebegriff auf das über den menschlichen Körper hinausreichende Umfeld illusorisch ausweitete. Dadurch beschritt er jene formalâsthetische Richtung, die die anthropologische Perspektive in neue visuelle Dimensionen gelenkt hat. Im Postulat der visuellen Kontinuitât erfüllte sich für ihn die ganzheitliche Qualitât der Ausdrucksgebârde. Der wesentliche Inhalt eines Films, das konkrete Handlungsgeschehen ereignete sich im Gesicht des Akteurs in Großaufnahme. Die Filmkunst allein, deren Ausdruckspotential ausnahmslos von dem der Literatur sowie dem des Theaters abzugrenzen war, besaß für Balázs die Fâhigkeit, den leiblichen Menschen mit seinen ursprünglichen sinnlichen Ausdrucksbewegungen wieder sichtbar zu machen. Die mimische Beweglichkeit des Gesichts verfügte über eine Tiefenstruktur, die eine Vielschichtigkeit suggerierte, um von einer Oberflâche hin in den Mikrokosmos der Seele vorzudringen.


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